Mit psychischen Krisen umgehen
Der Umgang mit psychischen Krisen: Verstehen, Bewältigen und Wachsen
Eine psychische Krise kann das Leben eines Menschen von Grund auf erschüttern. Sie entsteht meist als Reaktion auf ein belastendes oder einschneidendes Ereignis, das eine starke emotionale Überforderung auslöst. Im Verlauf einer Krise können sich verschiedene Phasen durchlaufen, von Schock und Verwirrung bis hin zu Akzeptanz und Neuorientierung. Der Umgang mit solchen Krisen erfordert eine sensibilisierte Herangehensweise, Unterstützung durch Gespräche und soziale Kontakte sowie möglicherweise auch professionelle Hilfe. In diesem Artikel erfahren Sie, wie psychische Krisen entstehen, welche Phasen sie durchlaufen und welche Bewältigungsstrategien Ihnen zur Verfügung stehen.
Die Natur psychischer Krisen verstehen
Psychische Krisen können durch vielfältige Ursachen ausgelöst werden, sei es ein traumatisches Ereignis, bedeutende Lebensveränderungen oder der kumulierte Stress alltäglicher Herausforderungen. Eine psychische Krise tritt ein, wenn bewährte Bewältigungsmechanismen nicht mehr ausreichen, um mit den auftretenden Emotionen und Veränderungen umzugehen. Dies kann zu einer ähnlichen Reihe von Gefühlen führen, darunter Orientierungslosigkeit, Traurigkeit, Verwirrung und Hoffnungslosigkeit.
In dieser Phase suchen die Betroffenen oft nach neuen Lösungen und Unterstützung, um mit den Herausforderungen fertig zu werden. Wird keine adäquate Bewältigung gefunden, kann sich die Krise verschlimmern und zu ernsthaften psychischen Problemen führen. Dennoch besteht in Krisen auch die Möglichkeit des persönlichen Wachstums, da sie uns zwingen, unsere bisherigen Ansichten, Strategien und Prioritäten zu überdenken.
Die Arten von psychischen Krisen
Psychische Krisen können in verschiedene Kategorien unterteilt werden, darunter Reifungs- oder Veränderungskrisen sowie traumatische Krisen. Reifungskrisen werden durch biologische Veränderungen wie Pubertät oder Menopause ausgelöst. Veränderungskrisen hingegen entstehen infolge einschneidender Lebensereignisse wie dem Übergang in den Ruhestand oder dem Verlust des Arbeitsplatzes. Traumatische Krisen werden durch plötzliche, traumatische Ereignisse wie Naturkatastrophen oder Gewalttaten verursacht.
Die individuelle Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen, auch Resilienz genannt, spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung und dem Verlauf von psychischen Krisen. Menschen mit hoher Resilienz können eine Krise besser bewältigen und daraus gestärkt hervorgehen.
Die Phasen der Krisenbewältigung
Die Bewältigung einer psychischen Krise erfolgt in mehreren Phasen, die sich oft nacheinander entwickeln:
1. Schockphase: Unmittelbar nach dem belastenden Ereignis setzt oft ein Zustand des Schocks ein. In dieser Phase können die Betroffenen die Realität noch nicht vollständig begreifen und verarbeiten. Emotionen können wie betäubt sein oder sich in intensiven Gefühlsausbrüchen entladen.
2. Reaktionsphase: Nach dem Schock folgt die Reaktionsphase, die mehrere Tage bis Monate dauern kann. In dieser Phase wechseln sich intensive Gefühlsschwankungen und körperliche Symptome ab. Menschen können versuchen, mit Suchtmitteln oder ungesunden Verhaltensweisen wie übermäßigem Essen oder Trinken zu bewältigen, was jedoch die Krise verstärken kann.
3. Bewältigungsphase: In dieser Phase suchen einige Menschen professionelle Hilfe, um die intensiven Gefühle zu bewältigen. Psychotherapie oder Medikamente können dabei unterstützen. Andere finden Unterstützung in ihrem sozialen Umfeld. Die Betroffenen beginnen, das Ereignis zu akzeptieren und sich aktiv damit auseinanderzusetzen.
4. Neuorientierungsphase: In dieser letzten Phase der Bewältigung kann der Schmerz über das Ereignis allmählich losgelassen werden. Neue Beziehungen und Werte können entstehen, und die Betroffenen können aus der Krise gestärkt hervorgehen. Diese Phase kann auch eine Gelegenheit bieten, das Erlebte in einen neuen Kontext zu setzen und daraus zu lernen.
Wege der Krisenbewältigung
Der Umgang mit psychischen Krisen erfordert eine einfühlsame Herangehensweise, sei es bei sich selbst oder bei anderen. Hier sind einige Strategien, die Ihnen in dieser schwierigen Zeit helfen können:
1. Kommunikation: Offene Gespräche mit vertrauenswürdigen Personen können eine immense Erleichterung bieten. Sie helfen nicht nur dabei, Gefühle zu verarbeiten, sondern auch, sich verstanden und unterstützt zu fühlen.
2. Professionelle Hilfe: Wenn die Krise anhält oder intensiver wird, kann die Unterstützung eines Fachmanns, wie eines Psychotherapeuten oder Psychiaters, notwendig sein.
3. Selbstfürsorge: In stressigen Zeiten ist es besonders wichtig, auf sich selbst zu achten. Ausreichender Schlaf, gesunde Ernährung, Bewegung und Entspannungstechniken können die Widerstandsfähigkeit stärken.
4. Akzeptanz und Reflexion: Sich aktiv mit den eigenen Emotionen und Gedanken auseinanderzusetzen und das Ereignis zu akzeptieren, ist ein wesentlicher Schritt zur Bewältigung der Krise.
5. Geduld: Die Bewältigung einer Krise erfordert Zeit. Haben Sie Geduld mit sich selbst und Ihrem Fortschritt.
Wege zur Bewältigung einer psychischen Krise
Um eine psychische Krise zu überwinden, sind neue Ansätze und Herangehensweisen erforderlich. Eine Krise signalisiert, dass der bisherige Weg nicht mehr weitergeführt werden kann. In solchen Momenten können neue Denkmuster, Einstellungen, Gedanken und Verhaltensweisen von Nutzen sein. Es gibt Verhaltensweisen und Gedanken, die die allgemeine Resilienz stärken können:
Aufbau von Verbindungen zu Vertrauten
Der Austausch mit anderen Menschen kann in Krisen äußerst hilfreich sein. Durch Gespräche mit vertrauten Personen kann das eigentliche Problem klarer erkannt werden. Gemeinsames Reflektieren kann neue Lösungsansätze aufzeigen. Das Wissen, dass andere in schwierigen Zeiten zur Unterstützung da sind, kann die psychische Widerstandskraft stärken.
Sinn und Ziele als Wegweiser
In Krisenzeiten kann die Suche nach neuen Lösungen und Wegen eine große Herausforderung sein. Viktor Frankl, ein renommierter Neurologe und Psychiater, sagte einst: “Wer ein Wofür hat, erträgt fast jedes Wie.” Dies bedeutet, dass es hilfreich sein kann, sich während einer Krise daran zu erinnern, wofür es sich lohnt, weiterzukämpfen.
Verschiedene Faktoren können als Motivation und Orientierung dienen. Manche Menschen finden Motivation darin, für das Wohl ihrer Kinder durchzuhalten. Gläubige Personen können ihren Glauben als Stütze nutzen. Andere wiederum setzen sich Ziele, die sie in der Zukunft erreichen möchten. Die individuellen Antriebskräfte sind vielfältig.
Stressreduktion und Selbstfürsorge
Es ist wichtig, alles zu tun, um das Stressniveau während einer Krise zu senken. Methoden wie Meditation, Entspannungstechniken, gesunde Ernährung, ausreichender Schlaf, Bewegung und Sport können die Widerstandsfähigkeit stärken. Allerdings sollten solche Methoden vorsichtig angewendet werden, da sie in akuten Krisen die Anspannung verstärken könnten.
Wo man Hilfe finden kann
Wenn Sie in der Nähe einer Person sind, die eine psychische Krise durchmacht, können Sie Unterstützung anbieten. Es ist wichtig, so früh wie möglich Hilfe anzubieten. In einigen Fällen kann eine Krise durch Unterstützung aus dem sozialen Umfeld bewältigt werden.
In Situationen, in denen die Krise sich zuspitzt und die betroffene Person akut gefährdet ist, sollte sofort professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. Wenn die betroffene Person Selbstmordgedanken äußert oder eine Gefahr für andere darstellt, sollte umgehend der Notdienst kontaktiert werden.
Für diejenigen, die lernen möchten, wie man mit psychischen Krisen und Erkrankungen von Mitmenschen umgeht, gibt es das Konzept der “Mental Health First Aid”. Diese speziellen Kurse zielen darauf ab, das Konzept der Ersten Hilfe auf den Bereich der psychischen Gesundheit zu übertragen. Die Teilnahme an solchen Kursen kann das Wissen über psychische Gesundheit erweitern, Stigmatisierung reduzieren und dazu beitragen, psychische Erkrankungen besser zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren.
Für konkrete Maßnahmen in akuten Situationen:
- Sprechen Sie die betroffene Person an und bieten Sie Unterstützung an.
- Empfehlen Sie eine professionelle Beratung oder Abklärung.
- Begleiten Sie die Person bei Bedarf zu einer Notfallambulanz oder in eine ärztliche Praxis.
- Bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung rufen Sie den Rettungsdienst unter 112.
- Nehmen Sie Kontakt zu einer Klinik mit psychiatrischer Abteilung auf.
- Wenden Sie sich an einen Krisendienst in Ihrer Nähe oder die Telefonseelsorge.
Fazit
Psychische Krisen sind eine natürliche Reaktion auf belastende Ereignisse, die eine starke emotionale Überforderung auslösen. Sie können zu persönlichem Wachstum führen, erfordern jedoch oft Unterstützung und Bewältigungsstrategien, um sie zu überwinden. Die Phasen einer Krisenbewältigung umfassen den Schock, die Reaktion, die Bewältigung und die Neuorientierung. Offene Gespräche, professionelle Hilfe, Selbstfürsorge, Akzeptanz und Geduld sind wichtige Werkzeuge, um eine Krise erfolgreich zu bewältigen. Denken Sie daran, dass dieser Artikel nicht als Ersatz für medizinische Beratung dient.
Bei anhaltenden psychischen Schwierigkeiten suchen Sie bitte immer professionelle Hilfe auf.