Gesichtslähmung (Fazialisparese)
Was ist eine Fazialisparese?
Eine Fazialisparese, auch als Bell’sche Parese oder Bell-Lähmung bekannt, ist eine meist einseitige Lähmung der Gesichtsmuskulatur, die aufgrund einer Schädigung des Gesichtsnervs (Nervus facialis) auftritt. Dieser Nerv ist für die Steuerung der Gesichtsmuskeln sowie für Funktionen wie das Tränen- und Speicheldrüsenmanagement verantwortlich und spielt eine Rolle in der Geschmacksempfindung. Eine Fazialisparese kann erhebliche Auswirkungen auf die Fähigkeit haben, Gefühle durch Mimik auszudrücken und kann die Kommunikation erschweren. Psychische Belastungen sind nicht selten die Folge.
Wie äußert sich eine Fazialisparese?
Eine Fazialisparese tritt oft plötzlich auf, in der Regel innerhalb weniger Stunden. Dabei kann der Schweregrad der Lähmung variieren, von milden bis zu schweren Ausprägungen. Häufig ist nur eine Gesichtshälfte betroffen. Die Symptome einer Gesichtslähmung sind vielfältig und umfassen:
– Erschlaffung der Gesichtsmuskeln, wodurch das Gesicht steif oder auf einer Seite herabzuhängen scheint.
– Absinken der Augenbraue auf der betroffenen Seite.
– Taubheitsgefühle oder Kribbeln in der Wange.
– Schmerzen im Ohr.
– Geschmacksstörungen.
– Schwierigkeiten beim Schließen des Augenlids oder Bewegen des Mundwinkels.
– Empfindlichkeit gegenüber Geräuschen.
– Trockener Mund und verminderte Tränenproduktion.
– Schwierigkeiten beim Essen und Trinken aufgrund der Lähmung.
Ursachen einer Fazialisparese
Die Ursache einer Fazialisparese ist oft unbekannt und wird als idiopathische Fazialisparese bezeichnet. Bei bis zu 75 Prozent der Betroffenen bleibt die Ursache unklar. In anderen Fällen können verschiedene Auslöser identifiziert werden, darunter:
– Gesichtsverletzungen oder Wunden.
– Schädigungen anderer Nerven.
– Tumore im Gehirn oder in der Ohrspeicheldrüse.
– Virale Infektionen wie die Gürtelrose (durch das Varizella-Zoster-Virus) oder bakterielle Infektionen wie Mittelohrentzündungen.
– Verletzungen bei der Geburt oder angeborene Erkrankungen bei Kindern.
– Nervenschädigung während chirurgischer Eingriffe.
Häufigkeit und Verlauf
Eine Fazialisparese tritt jährlich bei bis zu 40 von 100.000 Menschen auf, in der Regel im Alter zwischen 15 und 45 Jahren. Die gute Nachricht ist, dass bei den meisten Betroffenen die Symptome innerhalb von Wochen oder Monaten von selbst nachlassen. Etwa 85 Prozent erholen sich zumindest teilweise innerhalb weniger Wochen, und weitere 10 Prozent erleben eine Besserung nach 3 bis 6 Monaten. Nach einem Jahr sind 71 Prozent der Menschen mit einer idiopathischen Fazialisparese vollständig genesen, während es bei Kindern sogar 95 Prozent sind.
In schweren Fällen, wie nach einer Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus, können jedoch Spätfolgen wie Bewegungsstörungen der Gesichtsmuskulatur oder unkontrollierbarer Tränenfluss auftreten. Während der Fazialisparese besteht auch das Risiko des Austrocknens der Hornhaut des Auges, wenn das Augenlid nicht vollständig schließt.
Es ist wichtig zu beachten, dass Menschen mit Fazialisparese oft mit Ängsten und Depressionen konfrontiert werden, da die Gesichtslähmung das Aussehen beeinflussen und den Alltag erheblich belasten kann. Daher ist neben der medizinischen Behandlung auch die psychische Unterstützung von großer Bedeutung.
Wie wird eine Fazialisparese diagnostiziert?
Die Diagnose einer Fazialisparese beginnt mit einer gründlichen Untersuchung durch die Ärztin oder den Arzt. Dabei wird das Ausmaß der Gesichtslähmung beurteilt, indem verschiedene Gesichtsbewegungen überprüft werden, wie das Öffnen und Schließen der Augen, das Anheben der Augenbrauen, das Stirnrunzeln und das Bewegen des Mundes. Eine Untersuchung der Ohren kann dazu dienen, andere Ursachen wie eine Mittelohrentzündung auszuschließen. Die Untersuchung der Mundhöhle kann Schwellungen aufdecken.
Um mögliche zugrunde liegende Erkrankungen wie Lyme-Borreliose auszuschließen oder nachzuweisen, können Blutuntersuchungen oder Untersuchungen von Nervenwasser (Liquor) durchgeführt werden.
Wenn die Symptome unklar sind, können Ärztinnen und Ärzte Nerven und Muskeln durch Reizung mit schwachen Stromstößen testen, um die Funktionsfähigkeit zu bestimmen. Bildgebende Verfahren wie eine Computertomographie (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) können ebenfalls eingesetzt werden, um die Ursache der Fazialisparese zu ermitteln.
Behandlungsmöglichkeiten für eine Fazialisparese
Die Behandlung einer Fazialisparese hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab. Wenn die Gesichtslähmung Symptom einer anderen Erkrankung ist, sollte die Behandlung dieser Erkrankung in Absprache mit der Ärztin oder dem Arzt priorisiert werden. Bei Infektionen stehen Medikamente gegen Bakterien oder Viren zur Verfügung.
Für die meisten Menschen mit einer idiopathischen Fazialisparese, bei der keine klare Ursache gefunden wird, bessern sich die Symptome oft von selbst. Eine kurzfristige Behandlung mit Glukokortikoiden wie Prednisolon kann in einigen Fällen helfen, da diese Medikamente entzündungshemmend wirken. Nach schweren Verläufen kann die transkutane Nervenstimulation in Erwägung gezogen werden, bei der Elektroden verwendet werden, um betroffene Nerven und Muskeln anzuregen. In einigen Fällen kann dies dazu beitragen, zumindest einen Teil der Muskelfunktion in der Mimik wiederherzustellen. Chirurgische Eingriffe können ebenfalls erwogen werden, um die Nerven- und Muskelfunktion wiederherzustellen.
Wenn das Augenlid nicht mehr geschlossen werden kann, können künstliche Tränen und Augensalben verwendet werden, um die Hornhaut vor dem Austrocknen zu schützen. Nachts kann ein Verband für zusätzlichen Schutz sorgen.
Bewältigung des Alltags mit einer Fazialisparese
Wenn die Gesichtslähmung dauerhaft besteht, ist es wichtig, Techniken zur Bewältigung des Alltags zu erlernen. Schulungen unter professioneller Anleitung können helfen, Methoden zum Schutz des Auges im täglichen Leben zu erlernen sowie das eigenständige Essen und Trinken trotz Einschränkungen zu ermöglichen.
Darüber hinaus können spezielle Übungen und Gesichtsmassagen von ausgebildeten Therapeutinnen und Therapeuten durchgeführt werden, um Gesichtsausdrücke zu trainieren und die Fähigkeit zum Sprechen zu verbessern. Dies kann dazu beitragen, die Lebensqualität von Menschen mit einer Fazialisparese zu steigern.